TRINKFREUDIGER KLOSTERBRUDER
Die bekannteste Salemer Kloster-Anekdoten handelt von einem gewaltigen Fass, das um die Mitte des 15. Jahrhunderts auf Veranlassung von Abt Georg I. Münch (1441–1451) gebaut worden sein soll und eine Füllmenge von rund 40 Fuder (= 60.000 l) aufgewiesen haben soll. Stets mit den besten Weinen befüllt, schöpfte man nur an hohen Festtagen aus diesem Fass und der Kellermeister trug die Kellerschlüssel stets achtsam bei sich. Als er jedoch einmal fest eingeschlafen war, stibitzte ihm ein besonders trinklustiger Mönch den Schlüssel. Nach der Abendmesse schlich der Mönch sich oft in den Weinkeller und schöpfte aus dem Fass, bis eines Abends der Kellermeister den Zapfhahn ausgetauscht hatte. Also stellte der durstige Mönch eine Leiter auf, stieg auf das Fass und öffnete die Tür des riesigen Spundlochs. Er trank gierig so viel Wein, dass ihm schwindlig wurde, er in das Fass hineinfiel und dort ertrank. Als der Kellermeister mit einer Stange den Füllstand des Fasses prüfen wollte, stieß er auf den Körper des ertrunkenen Mönchs. Der Kellermeister erzählte nichts von seinem Fund, da er befürchtete, der Wein könnte durch den Leichnam bei seinen Mitbrüdern als verunreinigt gelten. Daher zog er den ersoffenen Trunkenbold aus dem Fass und begrub ihn heimlich bei Nacht. Erst kurz vor seinem Tod gestand der Kellermeister sein Vergehen, starb aber, ehe er das heimliche Grab verraten konnte. So muss der nicht standesgemäß begrabene Mönch bis heute ruhelos im Keller als Gespenst umherirren. Hört der Besucher von heute Sandalenschritte und ein leises Kratzen, als ob jemand mit Fingern über metallene Fassreifen reißt, dann weiß er: Der Mönch ist nicht weit ...